Mit ziemlich dreister Werbung in Form von Produktplatzierungen versucht [[Germany’s Next Topmodel]] Teenager davon zu überzeugen, einen Fön für 600 Euro zu kaufen. Wie weit es tatsächlich geht und warum auch Sanktionen der Landesmedienanstalten kaum etwas am Verhalten werden.
Am vergangenen Donnerstag lief das Finale von [[Germany’s Next Topmodel]]. Für einen Teil der Republik mag das ein wahres Highlight sein. Unabhängig davon aber, ob man das Format nun gut oder verurteilenswert findet, es hat fraglos einen Einfluss auf Teenager, vornehmlich jene des weiblichen Geschlechts. Neben der zurecht viel thematisierten Kritik an der Vermittlung ungesunder Schönheitsideale, stellt sich daher auch die Frage, inwiefern eine in schlechten Fällen immer noch von knapp 2,5 Millionen Menschen gesehene Sendung für Werbepartner interessant ist. Zu diesen Millionen kommen natürlich noch zahlreiche Mediatheken-Abrufe und unzählbare Follower und Fans in diversen sozialen Netzwerken und verschiedensten Accounts.
Die Antwort also kann nur eine sein: Das Format ist sehr interessant für die Werbewirtschaft. Jedenfalls beteiligen sich seit jeher große Sponsoren mit fetten Kampagnen, die fast schon selbstverständlicher Teil des Gesamtkonzepts geworden sind. So freuen sich die Kandidatinnen seit jeher auf dem Cover von Frauenzeitschriften zu landen, Werbung für Rasierer machen zu dürfen(!) oder das Testimonial eines Automobilherstellers zu sein. Das ist allseits akzeptierte Realität. Sponsoren präsentieren sich in aller Breite in den Sendungen. Nun sind Produktplatzierungen ja auch tatsächlich zulässig. Unter gewissen Voraussetzungen jedenfalls.
Produktplatzierung, was soll das?
Die Webpräsenz der 14 für den Rundfunk zuständigen Landesmedienanstalten nennt auf ihrer Website die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Produktplatzierungen sind demnach grundsätzlich zulässig für bestimmte Formattypen, zum Beispiel Formate der leichten Unterhaltungen. Dass [[Germany’s Next Topmodel]] darunter fällt dürfte kaum anzuzweifeln sein. Wer dennoch Zweifel hat, dürfte sie nach Ansicht der folgenden Bilder ausgeräumt sehen:
Video: Germany’s Next Topmodel, ProSieben, 20. April 2017
Ferner nennen die Medienanstalten vier Bedingungen, die eine Produktplatzierung erfüllen muss:
• Die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz muss unbeeinträchtigt bleiben.
• Die Produktplatzierung darf nicht unmittelbar zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren oder Dienstleistungen auffordern, insbesondere nicht durch spezielle verkaufsfördernde Hinweise auf diese Waren oder Dienstleistungen
• Das platzierte Produkt darf nicht zu stark herausgestellt werden. Die Produktplatzierung muss insoweit redaktionell gerechtfertigt sein.
• Auf eine Produktplatzierung muss eindeutig hingewiesen werden (§ 7 Abs. 7 Satz 7 RStV).
Geschenkt ist dabei der zweite Punkt: Dass der Nutzer direkt zu Handlung aufgerufen wird, das trauen sich nicht einmal dreiste Dauerdumpfsendungen wie [[Germany’s Next Topmodel]]. Auch der vierte Punkt, der Hinweis auf die Produktplatzierung, ist für ProSieben einfach abzuhaken: Der pauschale Hinweis auf Produktplatzierungen reicht hier, sofern er für jeweils drei Sekunden zu Anfang und Ende einer Sendung sowie nach jeder Werbeunterbrechung erfolgt. Fraglich ist hier nur, ob diese Vorgabe reicht, um dem Zuschauer wirklich klar zu machen, was dort passiert. Andererseits: Die Offenheit in der für Produkte geworben wird dürfte recht klarmachen, was hier gespielt wird. Juristisch aber ist der Sender in diesem Punkt unstrittig auf der sicheren Seite.
Der erste Punkt ist wenigstens diskutabel, wird sicher aber in der Formatbetrachtung letzten Endes kaum nachweisen lassen. Inwiefern wird ein Format noch unabhängig gestaltet, wenn Shootings von Werbefirmen im Mittelpunkt stehen? Werden nicht eventuell sinnlose Autotouren eingefügt, nur um die Sponsorenkarre nochmal vor den Schirm zu bringen? Zu beantworten aber ist das kaum.
Dyson, Gillette und mehr: Wo die Grenze überschritten wird
Am kritischsten ist hingegen der dritte Punkt. Hier gibt es Punkte an denen die Grenze definitiv überschritten ist und das Produkt redaktionell zu stark herausgestellt wird. So kann es möglicherweise noch gerade gerechtfertigt sein, wenn Kandidaten vom Opel Adam schwärmen, der sie, wie in der Folge vom 20. April zu sehen, in die Model-Villa manövriert. Auch wenn die Betonung des Markennamens wenigstens ungewöhnlich erscheint:
Video: Germany’s Next Topmodel, ProSieben, 20. April 2017
Dass aber die Models in der Villa noch einen mehr als 600 Euro teuren Dyson-Fön, Daniel Wellington Uhren und ein Paar Gillette Rasierer geschenkt bekommen, und das ohne jeglichen inhaltlichen Kontext, sondern einfach so als Geschenk, ist nicht nur einigermaßen absurd, sondern überschreitet spätestens die Grenze. Als wäre das aber nicht schon genug präsentiert das Format die Produkte auch noch, als seien sie eine Messiaserscheinung:
Video: Germany’s Next Topmodel, ProSieben, 20. April 2017
Man mag es kaum glauben, aber diese Inhalte sind von mit nicht mit irgendwelchen Filtern belegt oder um irgendetwas ergänzt. Diese Bilder sind tatsächlich so im Fernsehen gelaufen. Wer es nicht glaubt: Hier sind die Inhalte ungekürzt nach wie vor zu finden.
ProSieben präsentiert stolz den Werbeerfolg
Nun ist es nicht so, als würde sich ProSieben dafür schämen, dass Marken derart in den Mittelpunkt gerückt werden und das auch noch in einem Format, das von Tausenden Teenagern gesehen wird, die in der Welt der Beautyblogger ohnehin mit nicht gekennzeichneter Werbung zugeschissen werden. Nein, der zuständige Werbevermarkter Seven One Media, wirbt hier auch noch stolz mit den Resultaten seiner Platzierungen. Toll, wie da Werbewirkung erzielt wird und das nur mit ganz wenig Vermischung von Redaktion und Werbung.
Aber klar: Finanziell lohnt sich das Unterfangen schließlich. Denn selbst wenn, wie im Falle vom [[Ich bin ein Star holt mich hier raus]] bei RTL bereits passiert, gerichtlich festgestellt wird, dass Grenzen überschritten sind, wirklich weh tut das den Sendern nicht. Mehr als ein Rüffel bleibt kaum über. Wenn also tatsächlich verhindert werden soll, dass immer wieder Grenzen überschritten werden, dann muss nicht nur genauer im Blick behalten werden, wie frei Sender die Regeln auslegen. Nein, es sollte auch Strafen geben, die die Zusatzeinnahmen durch übermäßige Produktplatzierungen überschreiten. Ansonsten wird wild weitergeworben. Will jemand einen 600 Euro Fön?
© Bild und Videomaterial: ProSieben